Der Fiat-Motor bildete für solch tiefgreifende Maßnahmen eine mittelprächtige Ausgangsbasis. Zwar bot die Lage der Zylinderkopfschrauben gute Voraussetzungen für gerade Ansaugwege, doch die Motoraufhängung saß so ungünstig, dass die Steuerkette für den Antrieb der Nockenwellen aufwändig um Sie herum geführt werden musste. Auch verfügte der Motorblock über ausreichend breite Dichtflächen für ein drastisches Anheben des Verdichtungsverhältnisses, doch das Kurbelgehäuse war so knapp ausgelegt, dass nach dem Umbau auf die riesige Abarth-Kurbelwelle allenfalls noch ein Blatt Papier zwischen ihr und der Gehäusewand hindurch passte. Wie sehr die Techniker improvisieren mussten, zeigt sich am deutlichsten an der Lage der beiden gewaltigen Vergaser: Sie thronen über dem Motor, denn am idealen Einbauort neben dem Zylinderkopf sitzt bereits die Lichtmaschine.
Allen Kompromissen zum Trotz geriet schon die erste Fassung des legendären Bialbero-Motors bildschön, lautstark und kräftig: 61 PS holte der Motor bei 7000 U/min aus 747 Kubik. Damit rannte das 590 Kilo leichte Coupé sagenhafte 180 km/h schneller als ein Porsche 1600 Super. Während Carlo Abarth den Motor radikal veränderte, hielt er sich sonst mit Modifikationen zurück. Die Kraftübertragung entspricht weitgehend dem Standard des braven Fiat 600, und selbst dessen Achsgeometrie blieb im Urzustand. Härtere Fendern und Dämpfer verringerten die Seitenneigung, aber grundsätzlich raste der Bialbero auf einem nur moderat überarbeiteten Fiat Fahrgestell von Sieg zu Sieg. Natürlich verlangte die Gewichtsverteilung, 60 Prozent lasteten auf den Hinterrädern, eine kundige Hand, überfordert zeigte sich die technische Basis aus der Feder des legendären Fiat-Vordenkers Dante Giacosa aber nicht. Mit einer Ausnahme. Die Bremsen galten als Schwachstelle der Bialbero-Urversion, sie litten unter Fading. Zwei auflaufende Bremsbacken vorn milderten das Problem, beseitigten es aber nicht. Doch hinderten solche Unzulänglichkeiten Abarths begeisterte Kundschaft nicht daran, den notorischen Klassensieger zum Gesamtsieger zu machen. Am 26. Februar 1959 gelang Castellini/Frecobaldi der Gesamtsieg bei der Rallye Sestrière. Auf der Rundstrecke, am Berg, auf Slalomkursen: Überall tauchten die wilden Hummeln auf und demütigten ihre Gegner. Böse kleine Autos bauten auch Bonnet in Frakreich, Stanguellini in Italien oder Lotus in England. Sie alle konnten mit dem richtigen Fahrer auf dem richtigen Kurs für eine Überraschung gut sein, doch an die Dominanz eines Abarth reichten sie nicht heran. Denn der Österreicher vermarktete seine Erfolge gekonnt, dass ganze Horden seiner Bonsai-Boliden die Rennkurse terrorisierten. Fiel einer aus, gewann halt ein anderer. So sollte der Bialbero die Konkurrenz gründlicher beherrschen als je ein Automobil zuvor, wofür es eine einfache Erklärung gibt. Er war so schnell wie ein Rennwagen - und dabei, wenn die Pflege in kundigen Händen lag, immer noch zuverlässig. Vom Flugplatzrennen bis zum 24-Stunden-Klassiker, vom Stadtkurs bis zur materialmordenden Alpenrallye, dir Rothäute aus Turin kamen, sahen niedlich aus und siegten. Die Konkurrenz verfiel in eine Schreckstarre. Wer in der gleichen Klasse antrat, konnte einpacken. Wer in einer höheren Klasse startete, musste mit blamablen Überholmanövern rechnen.
Carlo Abarth ruhte sich derweil nicht aus. Schon 1959 brachte er eine auf 700 Kubik reduzierte Version, die 64 PS bei 7500 U/min leistete. Als Übergangsmodell erschien parallel ein Bialbero mit 847 Kubik, 73 PS stark und 190 km/h schnell. Zum ganz großen Schlag holte Abarth 1960 aus. Nach den Werksferien brachte Fiat den Bestseller 600 in renovierter Fassung, äußerlich an den vorn angeschlagenen Türen zu erkennen. Wichtiger war der auf 767 Kubik vergrößerte Motor, der dem Serienmodell zu mehr Drehmoment verhelfen sollte und einen neuen, kräftigeren Motorblock aufwies. Der, wie Abarths Techniker schnell herausfanden, nicht nur für einen Liter Hubraum gut war, sondern auch für ein Verdichtungsverhältnis von 11,5:1! Zahlreiche Detailverbesserungen sorgten für 91 PS, damit konnte der Abarth-Pilot die 200-km/h-Grenze knacken.